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Der Wochenfaktor

Wie viele Wochen hat der Monat in der Entgeltabrechnung? 4,33 oder 4,35 oder noch ein anderer Wert? Was ist richtig und was ist falsch?


Diese scheinbar recht einfache Frage, ist nicht so leicht zu beantworten. Wenn wir uns der Antwort nähern wollen, müssen wir zunächst die Frage beantworten, was dieser Wochenfaktor überhaupt ist.

Die Antwort beginnt bei der Feststellung des Grundsatzes, dass die Entgeltfindung Sache des Arbeitgebenden ist, sofern dem nicht gesetzliche oder tarifvertragliche Bestimmungen entgegenstehen. Grundsätzlich kann der Arbeitgebende also weitgehend frei über die Entgelte bestimmen und seine betrieblichen Regeln und Faktoren festlegen. Das Du hierbei keine Willkür walten lassen darfst, setzen wir einmal als bekannt voraus.

Der Wochenfaktor ist, wie der Name es schon sagt, nur einer der Faktoren, die zur Entgeltfindung herangezogen werden. Ein weiterer Faktor wäre zum Beispiel die vereinbarte Anzahl der Arbeitsstunden pro Woche oder ein Stundenlohn. Derlei Faktoren gibt es eine ganze Reihe, aber darum soll es jetzt hier eigentlich nicht gehen.

Das Mindestlohngesetz bestimmt zum Beispiel, erneut unter bestimmten Regeln, einen dieser Faktoren und schränkt damit die Entscheidungsfreiheit des Arbeitgebenden an dieser Stelle ein. Andere Faktoren, wie zum Beispiel die Anzahl der vereinbarten Arbeitsstunden pro Woche oder die Anzahl der vereinbarten Arbeitstage bleiben in aller Regel im Bereich dessen, was Arbeitnehmende und Arbeitgebende frei miteinander vereinbaren können.

Um nun der Anzahl der Wochen in einem Monat zu ermitteln, wird in aller Regel auf die einfachste Form der Berechnung zurückgegriffen, die davon ausgeht, dass ein Jahr 52 Wochen und 12 Monate hat und der Durchschnittsmonat somit 52/12=4,3333 Wochen hat. Manchmal findest Du dies auch in mathematisch gekürzter Form als 13/3, was aber im Ergebnis genau das Gleiche ist. Dies wird dann abgerundet und somit ist der Faktor 4,33 geboren.

Wenn wir nun einen genaueren Blick auf den Kalender werfen, stellen wir fest, dass unser Jahr mit seinen 365 Tagen, genau genommen 52,14 Wochen hat und auch dieser Wert alle 4 Jahre mit einem Schaltjahr wieder nicht stimmt. Eine genaue Berechnung bekommen wir tatsächlich erst hin, wenn wir einen Kalenderzeitraum von 400 Jahren betrachten. Dann lautet die Rechnung:

400 Jahre * 365 Tage/Jahr = 146.000 Tage
+ 100 Schalttage (alle durch 4 teilbaren Jahre erhalten den zusätzlichen Schalttag)
– 4 Schalttage (in allen durch 100 teilbaren Jahren entfällt der Schalttag wieder)
+ 1 Schalttag (in allen durch 400 teilbaren Jahren kommt der Schalttag wieder hinzu) = 146.097 Tage in 400 Jahren
: 400 Jahre
: 12 Monate
: 7 Tage
= 4,348125 (exakter Wochenfaktor)
gerundet ergibt sich somit: 4,348 oder 4,35

Ist also der Faktor 4,33 somit falsch und 4,35 wäre richtiger?

Kehren wir nun wieder zum Anfang zurück und rufen uns in Erinnerung, dass die Entgeltfindung Sache des Arbeitgebenden ist, dann kann man die Frage mit einem klaren „Nein“ beantworten. Beide Faktoren können verwendet werden, weil es in der Entscheidungshoheit des Arbeitgebenden liegt, den Weg zur Entgeltfindung festzulegen.

Kann man somit immer mit 4,33 rechnen?

Auch diese Frage kann man mit einem klaren „Nein“ beantworten. Wieder zurück zum Anfang, rufen wir uns in Erinnerung, dass die Entgeltfindung nur dann Sache des Arbeitgebenden ist, wenn dem keine gesetzlichen oder tarifvertraglichen Bestimmungen entgegen stehen.

Im öffentlichen Dienst gibt es aber in §24 Abs.3 TVöD eine Festlegung über den Faktor, der dort mit dem Wert 4,348 festgeschrieben ist. Die Folge ist, dass bei Betrieben, die diesem Tarifvertrag unterlagen, der genannte Faktor zu verwenden ist.

Schauen wir weiter, ergibt sich eine Festlegung für die Berechnung der Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge nach §3b EstG. Diese Festlegung findet sich etwas versteckt in den Lohnsteuerrichtlinien Randzeichen 3b Abs.2 Nr.2 Buchstabe a. Hier wird ein Faktor von 4,35 vorbestimmt.

Daraus folgt nun die Frage, gibt es also kein Richtig oder Falsch?

Diese Frage muss mit einem eindeutigen: „Es kommt darauf an“ beantwortet werden.

Was sind die Konsequenzen?

Die Konsequenzen sind keineswegs trivial. Legt sich ein Arbeitgebender auf den durchaus gebräuchlichen Faktor 4,33 fest, hat dies bei einer Vollzeitkraft mit 40 Wochenstunden zur Folge, dass die geschuldete monatliche Arbeitsstundenzahl 4,33 * 40 Stunden = 173,33 Stunden beträgt. Ein solcher Wert darf aus Vereinfachungsgründen abgerundet werden auf den Monatswert von 173 Stunden. Dies wäre somit die durchschnittlich pro Monat geschuldete Arbeitsstundenzahl, die ein Arbeitnehmender zu leisten hat. Eine solche Festlegung ist vollkommen in Ordnung und nicht zu beanstanden. Daraus folgt bei einem Arbeitnehmenden mit einem Monatslohn von 2.800€ ein rechnerischer Stundenlohn von 2.850€ : 173 Stunden = 16,47€ pro Stunde.

Gehen wir einen Schritt weiter und nehmen an, der gleiche Arbeitnehmende bekommt nun Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge im Sinne des §3b EstG. Diese Zuschläge sind immer ein prozentualer Zuschlag zum rechnerischen Stundenlohn, der aber, wie schon erwähnt, für die Zuschläge mit dem Faktor 4,35 zu errechnen ist.

Die Folge ist, dass der Stundenlohn aus dem obigen Beispiel nicht 16,47€ sondern 2.850€ : 174 Stunden = 16,38€ pro Stunde beträgt. Er ist also niedriger.

Solange Du dies als Arbeitgebender bei den Berechnungen beachtest und mit zwei verschiedenen Stundenlöhnen, je nach Verwendungszweck, arbeitest, gibt es keine Probleme, außer dass viele Deiner Arbeitnehmenden diese komplexen Sachverhalte nicht verstehen werden und Du in Erklärungsnöte geraten wirst. Vertrauen ist aber eine wesentliche Grundlage für die Abrechnung, die ohnehin schon viel zu kompliziert ist. Halt Dich deshalb an den Grundsatz „keep it simple“ wo immer es geht.

Wir zahlen Zuschläge und rechnen seit jeher immer mit 4,33 und einem einheitlichen Stundenlohn. Das wurde noch nie beanstandet. Daher ist das doch trotzdem in Ordnung oder etwa nicht?

Nein, es ist leider nicht in Ordnung. Der Umstand, dass es bei einer Prüfung bisher nicht beanstandet wurde, ist kein Freibrief dafür, dass dies nicht in Zukunft beanstandet werden wird. In den Jahren, in denen nur Stichproben geprüft wurden, bestand für einen Prüfer kaum eine reale Möglichkeit, diese Sachverhalte im Detail abzuprüfen.

Im Bereich der Steuer wird bereits seit ein paar Jahren mittels GdPdU elektronisch geprüft, der Datenkranz wird jedoch gerade deutlich erweitert, so dass künftig auch die Zuschläge in vollem Umfang vom Fiskus geprüft (nachgerechnet) werden können. Im Bereich der Sozialversicherung ist ab dem Jahr 2023 die elektronisch unterstützte Betriebsprüfung (euBP) Pflicht. Diese Prüfverfahren werden von Jahr zu Jahr weiter verfeinert und finden in der Zwischenzeit so gut wie jede Kleinigkeit. Dazu gehören, zumindest in Zukunft, auch diese „Details“, die im Extremfall das komplette Verwerfen der Steuerfreiheit der Zuschläge nach sich ziehen könnten, mindestens aber teure Nachverhandlungen über Art und Umfang der (unnötigen) Nachzahlungen mit sich bringen.

Resümee

  • Hast Du bisher mit dem Faktor 4,33 gearbeitet und zahlst keine Sonn-, Feiertags- und Nachtzuschläge, dann kannst Du dies beibehalten, wenn kein Tarifvertrag Dir etwas anderes auferlegt. Die betriebliche Übung deckt das Vorgehen in vollem Umfang.
  • Hast Du schon immer mit dem Faktor 4,35 gearbeitet, bleib dabei, solange Dir ein Tarifvertrag nichts anderes aufgibt. Es ist im Zweifelsfall der „Save Heaven“. Hier hast Du also alles richtig gemacht.
  • Zahlst Du hingegen diese Zuschläge oder möchtest das in Zukunft und hast bisher mit dem Faktor 4,33 gearbeitet, solltest Du die Berechnungsgrundlage anpassen, bevor dies zu einem teuren Experiment mutiert. Agieren ist besser als reagieren. Aber natürlich musst Du das Deinen Arbeitnehmenden erklären. Nimm Dein wertvolles Personal auf dieser Reise mit und zeige damit auch Wertschätzung. Veränderungen werden immer nur dann abgelehnt, wenn man sie nicht angemessen erklärt.
  • Zahlst Du Zuschläge und hast auch schon immer mit unterschiedlichen Stundenlöhnen für Zuschlag und Arbeitszeit gearbeitet, besteht kein Handlungsbedarf. Auch hier ist alles OK.

Hoffentlich konnten wir Dir den nicht immer einfachen Sachverhalt und die Hintergründe in verständlicher und nachvollziehbarer Form verklickern.

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